DIE TOTEN sind zurück
Beim Comicfest München und der Stuttgarter Comic Con konnten wir einigen Glücklichen bereits den Relaunch unserer Zombie-Serie DIE TOTEN mit nach Hause geben. Jawoll, richtig gelesen: Die TOTEN sind nicht tot zu kriegen. Nach unserer Shotgun-Wedding mit Panini sind die lebenden Toten nun wieder in unsere eigene Gruft gewandert…
… und von dort aus schicken wir sie ab dem 2.10. erneut in die Welt. Hat sich was geändert? Nun, unsere Zombies sind immer noch recht langsam (noch langsamer als wir), und wir haben ein wenig am Veröffentlichungs-Konzept geschraubt: Statt Sammelbände mit bis zu fünf Geschichten, widmen wir nun jede Ausgabe einem Künstler oder Zeichner/Autoren-Team. Das heißt klar, schmalere Bände, aber dafür mehr Platz für die Geschichte, um sich auszutoben. Und bereits die erste tobt nicht nur in Zombie-Gefilden, sondern bietet einen gekonnten Genre-Mash-Up.
Autor und Zeichner Adrian vom Baur hat seine Heimat München dem Untergang gewidmet. Natürlich haben wir da noch ein paar Fragen….
Adrian, du bist superaktiv in der Comicszene: Redakteur bei Jazam, lässt scheinbar keinen 24h Comic Tag aus und machst dir gerade einen Namen als Kolorist für andere Künstler*innen. Was hat dich dazu bewegt, ausgerechnet für DIE TOTEN, die eigentlich jeder für …nun ja… tot gehalten hat, eine längere Geschichte umzusetzen?
Als ich angefangen habe, meinen TOTEN-Comic zu schreiben, war die Reihe noch gar nicht so tot – eigentlich sogar quicklebendig. Ursprünglich dachte ich, ich mache jetzt eine kurze Zombie-Geschichte für diese coole Anthologie-Reihe, bevor ich mein nächstes größeres Projekt angehe. Weil aber dann die Geschichte recht lang und grafisch aufwändig wurde und zwischendurch eine Zeit lang nicht klar war, wie und wann es mit den TOTEN weitergeht, hat alles etwas länger gedauert als erwartet – fast 5 Jahre! Dass mein Band jetzt die (un)tote Reihe wiederbelebt, war von mir so nicht geplant, gefällt mir aber trotzdem sehr gut.
Was ist dran an Zombies? Sind die überhaupt noch zeitgemäß für Horror?
Zombies sind für mich relativ zeitlos und in einer realen Welt, die immer apokalyptischer zu werden scheint, sogar brandaktuell. Der ganz große Zombie-Boom der Nullerjahre mag vorbei sein, aber ich finde, dass sich das Setting des Zombie-Weltuntergangs immer noch großartig eignet, um zu zeigen, wie nah am Abgrund unsere eigene Gesellschaft gebaut ist.
Lass uns rückwendend ein wenig über deine Schulter schauen: Was steckt hinter deinem Beitrag für DIE TOTEN? Wie ist diese Story entstanden?
Die Idee kam mir, als ich noch in München gelebt und beobachtet habe, wie dort immer mehr Luxus-Eigentumswohnungen gebaut wurden, während es für mich völlig unmöglich war, mein WG-Zimmer gegen eine halbwegs erschwingliche Einraumwohnung einzutauschen. Statt innerhalb Münchens umzuziehen bin ich dann nach Berlin gegangen (wo mittlerweile auch überall diese Luxusdinger entstehen), hatte aber trotzdem weiterhin Lust, das Thema Wohngerechtigkeit in Comicform zu verarbeiten. Und weil Zombies zu meinen Lieblingsthemen gehören und ich gerne Horror-Storys schreibe, war DIE TOTEN dafür ein guter Rahmen. Neben Zombies mag ich aber auch Slasher (paranormale Serienkiller wie Michael Myers, Freddy und Jason) sehr und wollte den Versuch wagen, diese Sub-Genres zu kreuzen. Als Killer-Opfer gefallen mir konservative Bonzen sowieso noch besser als betrunkene Teenager.
Wieso DIE TOTEN? Hättest du die Story nicht auch als eigenständige Geschichte veröffentlichen können? Inwiefern fügt sich deine Münchner Version einer Zombie-Apokalypse in das Konzept der Reihe ein?
Einer der großen Vorteile an DIE TOTEN ist für mich, dass das Setting von vornherein klar ist und nicht groß etabliert werden muss: ganz Deutschland ist von lebenden Toten überrannt (oder über…schlurft?) und die wenigen überlebenden Lebenden kämpfen ums Überleben. Das konnte ich dann nehmen und innerhalb davon meine Slasher-Hommage erzählen. Wenn ich eine ganz eigene Geschichte gemacht hätte, wäre es wahrscheinlich schwieriger gewesen, sowohl die Zombie-Welt als auch den maskierten Massenmörder zu etablieren, ohne das Publikum zu überfordern.
Horror oder nicht – was liegt bei dir als nächstes auf dem Schreibtisch?
Tatsächlich bin ich gerade zum ersten Mal seit Jahren in der Position, nicht genau zu wissen, was ich als nächstes machen werde. Es schwirren mehrere Ideen in meinem Kopf und meinem Schreibprogramm umher, aber ich will mir jetzt ein paar Monate Zeit lassen, um zu entscheiden, was mein nächstes größeres Projekt wird. Eigentlich ganz spannend!
Vorher erscheint aber noch ein neuer JAZAM!-Band mit Comics von David Füleki, den ich redaktionell betreut habe und für den ich einen Kurzcomic koloriert habe, und der von mir und Eve Jay kolorierte Minecraft-Comicband “Paluten Freedom: Der Golemkönig” (Story: Haiko Hörnig, Zeichnungen: Irina Zinner).
Und mal abgesehen von Comics – Wofür schlägt dein Herz gerade richtig laut? Musik, Buch, Film… egal.
Um beim Horror zu bleiben – da überbietet für mich gerade nichts die Serie “Chernobyl”, auch wenn das natürlich keine Horrorserie im engeren Sinne ist, sondern nur recht genau abbildet, was da 1986 vorgefallen ist. Sehr gruselig! Abseits davon begeisterten mich zuletzt die “Auftragskiller im Schauspielunterricht”-Serie “Barry”, die neuen Alben von The National, Vampire Weekend und Marina und die überdrehte, aber psychologisch komplexe Animationsserie “Tuca & Bertie” auf Netflix.