Neu im Programm: ACH, SO IST DAS!? – Volume 2

Martina Schradis Comic-Reportagen rund um die Lebensrealität von LGBTI* geht in die zweite Runde. Wir freuen uns dank Martinas einfühlsamen Ton und Gespür auf positive Weise zur Debatte beitragen zu dürfen. Für alle, die nicht wissen, worum es hier geht, folgen die wichtigsten Antworten nach dem Klick.

„Ach, so ist das?!“ was sollen wir uns darunter vorstellen?

Martina Schradi: Unter diesem Motto sammle ich seit 2013wahre Geschichten von LGBTI* – Lesben,Schwulen, Bisexuellen, Trans und Inter* – und zeichne daraus kurze Comicreportagen. Mit den Comics will ich alle Interessierten dazu einladen, sich in dieser Welt umzusehen, will ich Identität, Erfahrungen und Erlebnisse von LGBTI* sichtbar und begreifbar machen und damit helfen, Vorurteile und Ressentiments gegenüber LGBTI* abzubauen.

Vorurteile, gibt’s die noch? Ihr habt doch jetzt schon so viel erreicht!!??

Martina Schradi: In den letzten Jahren hat sich rechtlich Einiges getan: Die Ehe für Alle, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, die Verfolgung wegen sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität wird als Asylgrund anerkannt… Gleichzeitig gibt es nach wie vor – auch im deutschsprachigen Raum – Vorurteile, Ressentiments, Ausgrenzung und Abwertung – dazu gibt es massig Zahlen und Studien. Ganz zu schweigen davon, dass sich die politische Landschaft gerade auch ganz schön verändert und wir nie wissen was noch auf uns zukommt…

Das hat ja ewig gedauert – der letzte Band kam 2014 raus!

Martina Schradi: Seit dem Erscheinen des letzten Bands ist einfach wahnsinnig viel passiert – wir sind kaum hinterhergekommen. (Wir, das ist eine amöbe Gruppe aus Leuten, die sich, überwiegend ehrenamtlich, in dem Projekt engagieren.) Zum ersten Comicband gab’s eine Posterausstellung. Die war enorm nachgefragt und wurde inzwischen an über 250 Orten in Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien, Finnland, Belgien, Ukraine, USA und Canada gezeigt. Und weil mir der persönliche Austausch zu dem Thema wichtig ist, bin ich zu ganz vielen Ausstellungen selbst hingefahren, um Comiclesungen und Vorträge zu halten. Plötzlich kamen auch Menschen auf uns zu, die die Comics in ihrer Sprache lesen und verbreiten wollten, und haben die Geschichten dann ins Spanische, Englische, Russische und Chinesische übersetzt. Die gibt’s auf der Webseite www.ohisee.org zu lesen und sind damit weltweit abrufbar.

Und das mit den Workshops?

Martina Schradi: Ja eben! Es kamen dann zahlreiche Leute auf uns zu und wollten die Comics für ihre Antidiskriminierungsarbeit einsetzen. Also hat sich die Politologin und Menschenrechtsexpertin Christine Burmann mit einer Gruppe Ehrenamtlicher hingesetzt und ein pädagogisches Programm auf Basis der Comics auf die Beine gestellt. Teile davon sind auf der Webseite www.achsoistdas.com frei abrufbar und wurden seitdem in zahlreichen Workshops für Schüler_innen, Multiplikator_innen und in Unternehmen eingesetzt. 2018 soll’s dazu noch eine eigene Handreichung geben. Daneben haben wir Artikel und Fachbeiträge über das Projekt geschrieben, Einrichtungen zum Einsatz der Comics beraten, Netzwerkarbeit betrieben und uns am laufenden Band mit Interessierten und Gesprächsbereiten über die Comics ausgetauscht…

Und jetzt ist er da: der zweite Band!

Martina Schradi: Im ersten Band haben mir selbst noch einige Themen gefehlt, z.B. ist die Gruppe der Bisexuellen zu kurz gekommen; außerdem wollte ich noch mehr positive Geschichten erzählen, solche die Mut machen! In einer Zeit, wo Millionen Menschen gezwungen sind ihre Heimat zu verlassen, war es mir aber auch ein besonderes Anliegen, die Erfahrungen zu zeigen, die LGBTI*-Geflüchtete machen (müssen). Wie auch im ersten Buch ist es trotzdem nur ein kleiner Ausschnitt aus der ganzen Vielfalt an sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität.

Wie bist du an die Geschichten gekommen?

Martina Schradi: Viele Menschen sind auf mich zugekommen und wollten ihre Geschichte als Comic sehen. Da habe ich dann auf Basis eines persönlichen Gesprächs, eines Telefonats oder per E-Mail zusammen mit der Person die Geschichte entwickelt. Zu einigen Fragestellungen habe ich leider gar keinen Zugang bekommen, weil ich trotz großer Bemühungen keine Gesprächspartner_innen gefunden habe. Und zu manchen Themen habe ich mich auf Recherchen gestützt, um zu einer authentischen Geschichte zu kommen.

In dem Projekt steckt enorm viel Herzblut, von den vielen ehrenamtlichen Stunden ganz zu schweigen – warum tut ihr euch das an?

Martina Schradi: Ich finde es unglaublich, wie viel wir mit den Comics bewegen konnten, welchen Radius das Projekt erreicht hat! Da kommt so viel Dankbarkeit, Freude, Resonanz zurück. Allein dafür lohnt sich die Mühe. Ich denke, wir haben es außerdem geschafft, zahlreiche Menschen für das Thema zu interessieren, zum Nachdenken anzuregen und in die Auseinandersetzung zu
gehen.

Und wie geht’s weiter?

Martina Schradi: Ich will eine neue Auflage der Posterausstellung auch mit den neuen Comics zur Verfügung stellen. Und ich freue mich natürlich, wenn sich das Projekt weiter graswurzelmäßig und durch das Engagement und die Ideen vieler Menschen weiterentwickelt.

Und last not least…
Martina Schradi: Bedanke ich mich bei: Den ganzen Menschen, die mir ihre Geschichte erzählt haben – für das Vertrauen und die Offenheit. Ohne sie wäre dieses Buch nicht zustande gekommen. Den vielen Einrichtungen, die uns zu Ausstellungen, Lesungen, Vorträgen oder Workshops eingeladen und das Projekt damit gefördert haben. Stefan Dinter und Christopher Tauber für die gigantische Rückendeckung <3! Dem Trotzdem e.V. für die strukturelle und persönliche Unterstützung. Allen Menschen, die sich mit unterschiedlichen Aktivitäten in dem Projekt engagiert haben. Und für das vorliegende Buch: Anne-Lore Mauer für die Vermittlung von Kontakten. Christine Burmann für die Hilfe beim Glossar. Brigitte, Nicola sowie dem Batgirl Nürnberg für die wertvollen Rückmeldung zu den Geschichten, die Rundumbetreuung und alles andere <3.